Also ... rein inhaltlich habe ich keine Probleme mit den Angaben zu den Wahrscheinlichkeiten - auch nicht mit der Erhöhung der Durchstellwahrscheinlichkeit bei der steigenden Anzahl von Leitungen. Das ist bei einer Ausgangswahrscheinlichkeit von 1:1 Mio sowieso egal.
Ich kann auch nachvollziehen, dass es bei einer Wahrscheinlichkeit von 1:200 eher klingeln kann, als bei 1:100. Gleiches gilt, wenn es bei einer Wahrscheinlichkeit von 1:1.000 in einer Sendung deutlich früher bimmelt, als in einer anderen Sendung mit der gleichen Wahrscheinlichkeit. Das ist - ausnahmsweise - tatsächlich Zufall.
Mich stört eben nur, dass die Zuschauer nicht permanent über die aktuelle Durchstellwahrscheinlichkeit informiert werden. Solche Äußerungen sind dazu wenig erhellend:
« 9Live Zuschauerredaktion » hat Folgendes geschrieben:
Die jeweilige Wahrscheinlichkeitsvariable wird vor dem Start des Rätsels kommuniziert. Auf dieser Basis kann jeder Teilnehmer selbst entscheiden, ob und wie häufig er teilnimmt.
Jooo - es sei denn, er hat die "kommunizierte" Wahrscheinlichkeit nicht mitbekommen, weil er z.B. später eingeschaltet hat, sich etwas zu trinken geholt hat oder auf auf'm Klo war. Dann hat er leider Pech gehabt.
Ich habe mal die Urteilsbegründung (PDF) des BayVGH zur Gewinnspielsatzung überflogen. Zur Mehrfachteilnahme findet man dort auf S. 35:
« Urteilsbegründung BayVGH » hat Folgendes geschrieben:
Der mit diesen Verboten verfolgte Zweck lässt sich zwar anhand der amtlichen Überschrift des § 8 GS ("Schutz der Nutzerinnen und Nutzer vor übermäßiger Teilnahme") eindeutig bestimmen. Er ist aber von der Normsetzungsermächtigung des § 46 i. V. m. § 8 a RStV nicht mehr gedeckt. Der Rundfunkgesetzgeber will mit diesen Vorschriften, wie schon an anderer Stelle dargelegt (s.o. II.1.a.aa.), lediglich für eine hinreichende Transparenz der Abläufe sorgen und irreführende Aussagen oder Spielgestaltungen ausschließen. Dagegen kann dem Staatsvertrag, der auch private Rundfunkgewinnspiele erlaubnisfrei zulässt (§ 8 a Abs. 1 Satz 1 RStV), nicht die Absicht entnommen werden, potentielle Nutzer selbst nach Erreichen der Volljährigkeit von einer (wiederholten) Teilnahme generell abzuhalten.
Die Vorschriften des Staatsvertrags dienen – anders als im allgemeinen Glücksspielrecht (§ 1 GlüStV) – nicht der vorbeugenden Bekämpfung der Spielsucht, sondern nur der Gewährleistung fairer und interessengerechter Spielabläufe. Dass der Gesetzgeber darüber hinaus auch voll geschäftsfähige Rundfunkteilnehmer vor einer "übermäßigen", das eigene Vermögen erheblich beeinträchtigenden Spielteilnahme bewahren wollte, geht aus dem geltenden Recht nicht hervor. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmaterialien (LT-Drs 15/9667 S. 15) bieten Anhaltspunkte für eine solche Auslegung. Auch das Gebot des Teilnehmerschutzes (§ 8 a Abs. 1 Satz 2 RStV) und das Verbot der Schädigung von Teilnehmerinteressen (§ 8 a Abs. 1 Satz 3 RStV) geben insoweit nichts her. Beide Regelungen zielen nach dem Regelungszusammenhang lediglich auf den Schutz der Teilnehmer gegenüber dem Veranstalter, nicht dagegen auf den Schutz vor einer (Mehrfach-) Teilnahme und damit vor einem eigenen Verhalten, das zu Selbstschädigungen führen kann.
Es geht im Rundfunkstaatsvertrag, auf dem die GewSpSat beruht, nicht um Spielsucht oder um den Schutz der Zuschauer vor hohen finanziellen Verlusten. Das ist traurig, aber wahr. Es ist aber auch logisch, weil die Fernsehsender ansonsten ihre Votings oder die "schwierigen" Gewinnspielfragen ebenfalls in die Tonne kloppen müssten. Das muss aus Sicht der Medienkonzerne auf jeden Fall verhindert werden.
Zwei weitere Abschnitte aus der Begründung sind auch interessant. Einmal bzgl. des Auswahlmechanismus' (S. 33):
« Urteilsbegründung BayVGH » hat Folgendes geschrieben:
(...) und dass sowohl der Zeitpunkt als auch die Auswahl der Nutzerinnen und Nutzer dem Zufallsprinzip unterworfen sind.
Bekanntlich wird der Zeitpunkt für eine Durchstellung beim HB und im Leitungsmodus durch den Redakteur bestimmt und hat mit Zufall genau nichts zu tun. Dieser Widerspruch zwischen der Urteilsbegründung bzw. § 5, Satz 3 der Satzung und den MMR von 9Live scheint aber keinen zu stören.
Dann noch etwas zur Irreführung auf S. 34f:
« Urteilsbegründung BayVGH » hat Folgendes geschrieben:
Das Tatbestandsmerkmal "irreführen" verlangt demnach vom Rechtsanwender keine empirischen Feststellungen zu der Frage, ob bei einer bestimmten Mindestzahl von Personen tatsächlich ein Irrtum hervorgerufen wurde, sondern lediglich eine Auslegung und inhaltliche Bewertung der hierfür in Betracht kommenden Äußerungen im jeweiligen Kontext. Ist die Spielgestaltung danach insgesamt darauf angelegt, das Zielpublikum zu unrichtigen Schlussfolgerungen zu veranlassen, so muss sie im Rechtssinne als "irreführend" gelten.
(...)
Das mögliche, aber nicht schutzwürdige Interesse von Programmveranstaltern, durch ungenaue Angaben zu den Spielbedingungen einen sog. Spannungsbogen aufzubauen und damit die Attraktivität ihrer Sendungen erhöhen, muss gegenüber dem staatsvertraglich festgeschriebenen Transparenzgebot zurückstehen.
Hier wird also präzisiert, was Irreführung bedeutet. Das scheint aber keinen großen Einfluss auf das Gelaber der Animateure zu haben. Vor allem nicht bei Tina Kaiser.
« MvO » hat Folgendes geschrieben:
d.h. der Veranstalter dürfte eigentlich Vollgas geben und den Zuschauer, wenn er es wollte, auch sekündlich zur Mehrfachteilnahme nötigen.
Jepp - könnte er. Die Frage ist, warum er es nicht macht bzw. nur im Direktleitungsmodus. Vielleicht hat 9Live doch Bedenken, dass ständiges Aufrufen zur Mehrfachteilnahme abschreckend wirkend könnte. Oder sie wollen in dem neuen Modus testen, wie die Peaks darauf reagieren.
Wir sind alle Individuen
Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Callpassive
So im Nachhinein kommt es mir so vor, als hätte man bei der Geburt dieses Direktleitungsmodus schon gewusst, dass die Tage gezählt sind. Man wollte nur noch das Experiment machen, wie es denn gelaufen wäre, wenn man den Zuschauern bzgl. Ihrer Gewinnchancen "reinen Wein" eingeschenkt hätte - und um der BLM explizit zu zeigen:
Zitat:
Seht her: da machen wir mal ein Spiel ohne redaktionellen Hotbutton sondern mit reinen technisch realisierten Gewinnchancen! So fair, wie ihr das immer von uns verlangt habt! Und wir sagen auch noch die echten Chancen dazu! Aber damit lässt sich weder Geld verdienen noch Zuschauer überzeugen. Seht ihr die Anrufzahlen? Seht ihr sie? Wisst ihr jetzt warum wir die ganze Zeit so agieren mussten wie wir es taten? ...
Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Nobbse
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