Angesichts stagnierender Umsätze beim Call-In-TV setzt der umstrittene Quizsender 9live verstärkt auf klassische Werbung und mehr Inhalte.


Vom 2. Januar an werden werktäglich ab 17.45 Uhr in einem Programmblock unter der neuen Dachmarke Neun-TV (SAT+KABEL berichtete) zwei Telenovelas gezeigt. Dazu gehört auch eine Wiederholung der ersten Staffel der Sat.1-Serie "Verliebt in Berlin" mit Alexandra Neldel, die in Doppelfolgen ausgestrahlt wird. Neun-TV sei "als Heimat für die moderne Frau positioniert. Wir zeigen exklusive Telenovelas und künftig auch ein hochwertiges, interaktives Live-Magazin", sagte 9Live-Geschäftsführer Marcus Wolter am Mittwochabend in Hamburg. In deutscher Erstausstrahlung ist die Seifenoper "Juanita ist Single" aus Argentinien werktäglich ab 18.45 Uhr zu sehen. Von März bis September des vergangenen Jahres lief die Reihe auf Canal Trece.

Bis Ende 2008 soll die werbefinanzierte Programmstrecke am Vorabend auf insgesamt drei Stunden ausgeweitet werden, kündigte Wolter an. An eine Kannibalisierung glaubt er nicht: "Langfristig wollen wir mit 9Live und Neun-TV zwei klar positionierte Marken auf einem Sender vereinen, die sich gegenseitig stärken und dabei klar voneinander abgegrenzt sind." Der Umsatz des Senders, der sich zumeist aus kostenpflichtigen Anrufen finanziert, lag mit etwa 60 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2007 etwas niedriger als im Vorjahr. 9live erhofft sich für das gesamte Jahr dennoch einen Umsatz auf Vorjahreshöhe.

Manipulationsskandale unter anderem in Großbritannien und die durchweg schlechte Presse haben den TV-Gewinnspielen im europäischen Fernsehen nur teilweise geschadet. Der Markt wuchs im vergangenen Jahr in Kontinentaleuropa um 14 Prozent, in Deutschland ging er dagegen zurück (SAT+KABEL berichtete). 9Live hatte zuletzt durch einen verbalen Ausfall eines Moderatoren von sich reden gemacht, der im Zuge der Affäre vom Bildschirm genommen wurde (SAT+KABEL berichtete).

Schließlich befindet sich der Sender immer mehr im Visier der Medienwächter.

Zudem dürfte es lediglich eine Frage der Zeit sein, bis sich das derzeitige Modell der Anrufgewinnspiele erschöpft hat.

Mit NEUN TV wollen wir eine trendige Marke kreieren, auf die sich neue, innovative Geschäftsmodelle aufsetzen lassen und mit der wir auch wieder neue Wege gehen werden.

Keine umstrittenen Telefongewinnspiele mehr im niederländischen Fernsehen

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(pk) Im niederländischen Fernsehen werden die umstrittenen Telefongewinnspiele ("Call-in-TV") nicht mehr ausgestrahlt.


Nach RTL Niederlande habe auch die Sendergruppe SBS die sogenannten "belspelltejes" eingestellt, berichtete die "Frankfurter Rundschau" (Samstagsausgabe). Die RTL-Sender hatten die Telefonspiele schon zu Beginn des Monats abgesetzt. Wie der Privatsender sei auch SBS einer Aufforderung der Staatsanwaltschaft gefolgt, die "unrechtmäßigen Spiele" einzustellen, hieß es.

Interessant find ich das die Niederländische Staatsanwaltschaft Call-In Spiele als unrechtmäßig einstuft.

Ein Spiel unter Beobachtung

"Rufen Sie jetzt an!"

Abzocke oder nicht? Im Internet finden sich immer mehr Mitschnitte, die beweisen sollen, dass der Anrufer beim Call-In-Sender 9Live getäuscht wird. Ehemalige Mitarbeiter haben schon über Unstimmigkeiten in den Redaktionen berichtet und auch kleine Patzer in den Moderationen scheinen den Verdacht zu erhärten.

Es ist der 29. November diesen Jahres, 13.32 Uhr - Ein ganz normaler Donnerstag und bei 9Live startet ein neues Spiel ? ein Suchbild. Der Moderator Jürgen Milski (ehemaliger Big-Brother-Haus Bewohner) erklärt die Spielregeln. Es sind zwei Leitungen offen. Wenn einer der Anrufer eine davon trifft, kommt er durch und gewinnt 2 000 Euro. Vorausgesetzt das Ergebnis stimmt. Der geschulte Spieler sollte die Lösung nach kurzer Zeit gefunden haben. "Wir befinden uns in der Schnell-Such-Phase", betont Milski und weist darauf hin, dass der "Hot-Button" jeden Augenblick zuschlagen kann.

Schon seit einiger Zeit beschäftigen sich verschiedene Medien mit dem Thema 9Live. Viele sprechen dabei von Abzocke. Befürworter halten das aber für ein korrektes Spiel. Wie fair die Sendungen sein müssen regeln die Vorgaben der Landesmedienanstalten für Aufsicht über Fernseh-Gewinnspiele. Im Internet finden sich zahlreiche Videos wo genau diese Regeln von 9Live gebrochen werden und auch heute scheint die Sendung mit Jürgen Milski nicht ganz frei von Fehlern zu sein. So ist es nun schon 13.52 Uhr und noch immer ist kein Anrufer durchgestellt worden. Um die Chancen zu erhöhen, werden weitere acht Leitungen zur Verfügung gestellt.

Alles kein Zufall

Die Sendung "Plusminus" hatte schon im Mai ehemalige Mitarbeiter von 9Live interviewt. Diese bestätigten, dass es keinen zufälligen Mechanismus geben soll, sondern der zuständige Redakteur entscheidet, wann ein Anrufer ins Studio gestellt wird. So ist es offenbar auch heute der Fall. Da bisher niemand die Lösung zu haben scheint, wird das Suchbild verkleinert um das Finden einfacher zu machen. Der Moderator startet einen Countdown und bittet alle Zuschauer anzurufen, auch wenn sie sich bei der Lösung nicht ganz sicher sind. So sei sichergestellt, dass wenigstens einer die richtige Verbindung trifft.

Doch keiner kommt durch. Es ist schon 13.59 Uhr und es werden noch mehr Leitungen geöffnet ? insgesamt 15 Stück. "Wir wollen jetzt einen Gewinner", versichert Milski und ein Countdown zählt die Sekunden bis 14 Uhr. Kapitel 5.2 der Gewinnspiel-Regeln besagt aber, dass "Der Aufbau von nicht vorhandenem Zeitdruck unzulässig ist". Doch was passiert, wenn eine dieser Vorgaben gebrochen wird? Professor Norbert Schneider von der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen sagte dazu im Bericht von "Plusminus": "Im Moment ist alles im Modus der Verabredung. Wenn sich bei Verabredungen einer nicht daran hält, dann können sie nur sagen 'Du bist nicht ganz in Ordnung', aber sie können ihn deshalb nicht bestrafen."

Beweise im Internet

Da bei 9Live scheinbar noch keiner das Ergebnis hat, wird der Gewinn auf 3000 Euro erhöht, um den Anreiz zum Mitmachen zu steigern. Zusätzlich wird um 14.05 Uhr das Bild noch einmal verkleinert, so dass die Lösung nun auch der letzte Zuschauer gefunden haben sollte. Doch wie hoch ist denn das Glück wenn anscheinend der Redakteur entscheidet, wann Schluss ist? So findet man im Internet zwei Videos, auf denen zu hören ist, wie die Moderatoren sich bei offenem Mikrofon mit einem anderen Mitarbeiter unterhalten.

Die ehemalige Container-Bewohnerin Alida-Nadine Lauenstein hat live hinter der Kamera gesagt: "Bei solchen Peaks schlag doch später zu." Mit "Peaks" sind die Anrufer gemeint, die in diesem Augenblick wahrscheinlich, um ihr Geld betrogen wurden. Auch der Moderator Max Schradin hat in einer anderen Sendung, ebenfalls hinter der Kamera, gesagt: "Bin ich unten? Jetzt pass auf. Wenn du jetzt zuschlagen lässt, dann musst du" - Ab diesem Zeitpunkt wurde das Mikrofon tatsächlich abgestellt.

Beide Vorfälle ereigneten sich auf 9Live und sprechen für die Tatsache, dass ein Redakteur entscheidet, wann der "Zufallsgenerator" zuschlägt. Es ist reine Vermutung, dass diese Methode auch bei anderen Sendern durchgeführt wird.

Über eine Stunde für 3 000 Euro

Es ist inzwischen 14.10 Uhr und der Moderator erhöht die Anzahl der Leitungen ein weiteres Mal. Insgesamt sind es nun 20 Stück und kein Anrufer trifft eine davon. So geht das noch bis 14.25 Uhr wo Milski auf das angebliche Ende der Sendung hinweist: "Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Nur noch wenige Sekunden." Während der gesamten Moderation erwecken Trommelwirbel und Piep-Töne den Eindruck, dass der Hot-Button jederzeit zuschlagen kann. Auch die immer wieder auftauchenden Countdowns lassen vermuten, dass jeden Augenblick ein Anrufer durchgestellt wird. Gegenüber medien-mittweida.de erklärt Diplom-Psychologe Jesko Kaltenbaek: "Es wird ein Mangel an Zeit und an lösungskompetenten Zuschauern suggeriert, damit das psychologische Phänomen einer 'einzigartigen Chance' generiert und somit die Motivation, zum Hörer zu greifen und sich in die Call-in-Sendung einzuwählen, gesteigert." Auch betont er weiter: "Auf jeden Fall ist von einer besonderen Beeinflussbarkeit von Spielsüchtigen durch diese Sendungsformate auszugehen."

Mit den Regelungen der Landesmedienanstalten für die Aufsicht über Fernseh-Gewinnspiele sind die Sender dazu gezwungen in regelmäßigen Abständen darauf hinzuweisen, dass der Zuschauer auf sein Telefonierverhalten achten soll. Diese Hinweise finden auch statt, jedoch sagt Kaltenbaek dazu: "Dennoch sollte bei jeder Einblendung oder Nennung der anzurufenden Telefonnummer zusätzlich in gleicher Schriftgröße bzw. im nachfolgenden Satz auch nochmals der Preis für einen Anruf genannt werden. Dieses direktere Vor-Augen-Führen ist wesentlich effektiver." Die Hinweise werden aber lediglich als Laufband oder ständige Einblendung in einer Ecke des Bildschirms gezeigt.

Milski kündigt unterdessen den letzten Countdown an, während die Sendung schon seit neun Minuten vorbei sein sollte. Ein letzter Trommelwirbel ist zu hören und 14.46 Uhr kommt dann ein Anrufer durch und nennt die korrekte Lösung. Somit hat das Spiel mehr als eine Stunde gedauert in der lediglich ein Zuschauer durch den "Hot-Button" ausgewählt wurde.

Quelle: KLICK