Verfasst am: Montag, 09.02.2009, 17:08 Titel:
Taz/FAZ-Bericht zu Beweisen von 9live-Abzocke
Hallo,
habe heute beim Blättern in der taz einen Artikel gefunden, den der ein oder andere hier sicherlich auch interessieren wird.
Zitat:
Hinters Licht geführt
Indizien gab es, Beweise bisher keine. Nun aber wurde ein Fall publik, in dem der Anrufsender 9Live betrogen hat. Der Kanal findet seine Spielchen dennoch fair - und beschuldigt zwei Exmitarbeiter
VON STEFAN NIGGEMEIER
Es wäre so einfach, bei 9Live viel Geld zu gewinnen. Man müsste etwa nur Schiller kennen, "Turandot", zweiter Aufzug, erster Auftritt, wenn Truffaldin zu Brigella sagt: "Doch, wer die stacheligten Rätsel nicht auflöst, die seine Frau ihm in der Eh' aufgibt, der ist verlesen und verloren!", und wissen, dass die Rätsel ursprünglich "stachelicht" waren.
Dann müsste man nur nachts um eins anrufen, wenn im Programm seit Stunden verdeckte Begriffe auf einer Tafel gesucht werden, die auf "-licht" enden. Schließlich müsste man nur noch durchkommen und eine hohe "Geldleitung" treffen. Und schon wäre man um mehrere zehntausend Euro reicher.
Oder auch nicht. Denn "Stachelicht" gehörte neben "Büchsenlicht", "Auerlicht", "schwindlicht" und "Andienungspflicht" zwar zu den Begriffen, die am 18. November 2008 bei 9Live abgeklebt auf einer großen Folie standen. Man kann sich aber nicht sicher sein, dass der Anrufsender das auch zugegeben hätte, wenn man mit der richtigen Antwort durchgekommen wäre.
Die Folie mit den noch verdeckten Begriffen ließ der Moderator Max Schradin nämlich für eine halbe Stunde aus dem Sichtfeld der Zuschauer verschwinden, bevor er die Lösungen zeigte. Eine halbe Stunde, in der 9Live die Folie nach Belieben hätte manipulieren können - und genau das nach Angaben eines Insiders auch getan hat.
Die Spiele bei 9Live sind so konstruiert, dass sie die Gewinnmöglichkeiten des Senders maximieren und die der Zuschauer minimieren. Unter den Begriffen, die in vielen Spielen gesucht werden, sind meistens eine Handvoll leichte Lösungen, die schnell erraten werden, wenn es nur um kleine Beträge geht. Danach erhöht 9Live die Gewinnsumme erheblich - und baut darauf, dass die restlichen Antworten nicht nur schwer, sondern praktisch gar nicht zu erraten sind. Nennt ein Anrufer trotzdem einen dieser Begriffe, hat der verantwortliche Producer ein Problem, weil das Verhältnis von Einnahmen zu Ausgaben nicht mehr stimmt.
An jenem 18. November sollen sich nach Angaben des Insiders die Verantwortlichen für eine rustikale Lösung dieses Problems entschieden und die Antworten einfach nachträglich verändert haben. Ein Anrufer hatte "Stearinlicht" gesagt. Dieser Begriff soll tatsächlich gesucht worden sein, wurde aber als falsch gegeben. Für den Verdacht, dass 9Live seine Zuschauer nicht nur in die Irre führt, sondern Spiele handfest manipuliert, hatte es immer schon Indizien, aber kaum Beweise gegeben. In diesem Fall sollen Mitarbeiter aus dem Studio bei der Geschäftsleitung protestiert haben. 9Live kündigte daraufhin den Producern.
Wie der Anrufer überhaupt auf "Stearinlicht" kam, ist rätselhaft, insbesondere, da es sich um einen regelmäßigen Mitspieler und auffallend häufigen Gewinner handelte. 9Live macht keine Anstalten, Licht in die Sache zu bringen. Geschäftsführer Ralf Bartoleit sieht in dem Fall einen Beweis, "dass unsere internen Kontrollmechanismen funktionieren". Er schreibt auf der Homepage des Senders von einem "gravierenden Fehlverhalten" zweier Mitarbeiter, lehnt aber jede konkrete Stellungnahme ab. Er will weder erklären, warum Moderator Max Schradin sich offenbar an der Manipulation beteiligte, noch ob der Anrufer im Nachhinein den vollen Gewinn ausgezahlt bekam. Das hat Bartoleit immerhin gegenüber der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien beteuert. Details über den Vorfall hat 9Live aber auch ihr bislang nicht genannt.
Der Sender mit dem undurchsichtigen Geschäftsgebaren gehört zu ProSiebenSat.1 und produziert für die anderen Programme in der Familie nicht nur eigene Varianten der zweifelhaften Anrufsendungen, sondern wickelt auch die allgegenwärtigen Telefongewinnspiele ab. Die Erlöse aus dem Call-TV-Geschäft gehen in Deutschland allerdings zurzeit zurück.
Das wird sich nicht bessern, wenn voraussichtlich von April an Verstöße gegen selbstverständliche Mindeststandards von Transparenz und Fairness, wie sie die Landesmedienanstalten entwickelt haben, auch mit Geldbußen geahndet werden können. Die Aufsichtsbehörden, die sonst bekannt dafür sind, ein bis zwei Augen zuzudrücken, scheinen mit ihrer Geduld am Ende. Ungewöhnlich scharf kritisierten die Medienwächter jetzt die Sender. Mehr als 30 Verstöße gegen die Gewinnspielregeln hätten sie in den vergangenen Monaten festgestellt, bei 9Live, DSF, Tele 5 und Kabel eins.
Ein Sprecher der Landesmedienanstalt NRW sprach von "teilweise betrügerischen Machenschaften", der Chef der zuständigen Kommission drohte gar mit Lizenzentzug, sollten die Sender die Regeln nicht befolgen. Bei 9Live fühlt man sich - natürlich - nicht angesprochen und behauptet, der Sender stehe "für Fairness, Transparenz und Chancengleichheit".
Und für Schiller in der Originalschreibweise von 1801, natürlich. Obwohl die BLM nach einer Zuschauerbeschwerde zu dem Schluss gekommen ist, dass "stachelicht" und "schwindlicht" nicht dem "allgemeinen Sprachgebrauch" entnommen und als Begriffe unzulässig sind, und den Sender zu einer Stellungnahme aufgefordert hat. Eine Antwort steht noch aus.
Guter Artikel - wie immer bei Stefan Niggemeier.
Es ist auch gut, dass dieser Vorfall in einer überregionalen Qualitätszeitung erscheint, auch wenn die typischen Sh9-Anrufer kaum die TAZ lesen werden.
« TAZ » hat Folgendes geschrieben:
In diesem Fall sollen Mitarbeiter aus dem Studio bei der Geschäftsleitung protestiert haben. 9Live kündigte daraufhin den Producern.
Mhhhh - was bedeutet "In diesem Fall"? Sonst wird nicht protestiert? Wovon hängt es denn ab, ob protestiert wird? Von den Mitarbeitern, die gerade im Studio sind? Manche haben ein Gewissen - andere nicht? Man weiss es nicht.
« TAZ » hat Folgendes geschrieben:
Obwohl die BLM nach einer Zuschauerbeschwerde zu dem Schluss gekommen ist, dass "stachelicht" und "schwindlicht" nicht dem "allgemeinen Sprachgebrauch" entnommen und als Begriffe unzulässig sind, und den Sender zu einer Stellungnahme aufgefordert hat. Eine Antwort steht noch aus.
Als ob es auf das "Stachelicht" ankommen würde. Die Suche nach abwegigen Begriffen ist eine Voraussetzung für den erfolgreichen Verkauf von Bandansagen und zwar seit Jahren. Ich empfehle den Damen und Herren der LMAen doch mal eine CI-Sendungen von SRTL - nur als Stichprobe natürlich.
EDIT:
Huch - habe ich ganz vergessen: @ onny
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Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Callpassive
Verfasst am: Montag, 09.02.2009, 18:02 Titel:
Re: Taz-Bericht zu Beweisen von 9live-ABZOCKE
« TAZ » hat Folgendes geschrieben:
Hinters Licht geführt
Obwohl die BLM nach einer Zuschauerbeschwerde zu dem Schluss gekommen ist, dass "stachelicht" und "schwindlicht" nicht dem "allgemeinen Sprachgebrauch" entnommen und als Begriffe unzulässig sind, und den Sender zu einer Stellungnahme aufgefordert hat. Eine Antwort steht noch aus.
Wie sieht es eigentlich mit den Begriffen Boxproletariat und Boxstilleben aus? Zwei Begriffe, die vom DSF gesucht wurden. Begriffe, die in google 0 (NULL) Treffer haben. Die selbstverständlich in keinem Online-Lexikon zu finden sind.
Kann man hier auch davon ausgehen, dass diese beiden Begriffe nicht dem "allgemeinen Sprachgebrauch" entnommen sind?
Sollte die BLM hier nicht auch eine Stellungnahme vom DSF einfordern?
Da habe ich dann auch folgende Fragen:
Was bedeuten die Begriffe konkret?
In welchem Werk kann man entsprechende Definitionen finden?
Sind diese Werke für alle öffentlich zugänglich?
Was haben diese Begriffe mit Boxen zu tun?
Die Call-In-Sender haben es einfach viel zu einfach. Hier müssten die LMAs und die BLM den Sendern viel mehr auf den Zahn fühlen.
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Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Jigsaw
Und für Schiller in der Originalschreibweise von 1801, natürlich.
Damals gabs in Deutschland noch den Pranger. Also wenn 9live schon die Zeit zurückdrehen will, dann bitte richtig! Ich bin sehr dafür
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Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Twipsy
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Verfasst am: Dienstag, 10.02.2009, 20:06 Titel:
Über derartige Möglichkeiten - wie in Niggemeiers Artikel beschrieben - haben wir ja hier schon häufig diskutiert. Es gab ja unter anderem auch eine Szene, in der die Kamera kurz auf das ausgelobte Auto geschwenkt ist. Ich hatte persönlich nicht wirklich geglaubt, dass 9Live hier betrügt. Aber dieser Artikel lässt mich schon wieder ganz anders über die Sache denken. Ich kann mir jetzt durchaus vorstellen, dass man schon mehrfach in dieser Weise gehandelt hat. Ob die LMAs jetzt endlich mal den Hintern hochkriegen? Ich glaubs nicht - bisher hat die LMA noch bei jedem Problem zu Gunsten der Sender gahandelt. (--> Lauenstein-Affäre!)
Gesplittet am: Mittwoch, 11.02.2009, 12:48 Uhr von Callpassive Gesplittet vom Beitrag Satzungsentwurf der Landesmedienanstalten zu Gewinnspielen aus dem Forum Regeln der Landesmedienanstalten zu Call-TV
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Verfasst am: Mittwoch, 11.02.2009, 12:50 Titel:
Den Beitrag zum FAZ-Artikel habe ich mal hierhin verschoben.
Der Artikel aus der FAZ ist dem TAZ-Artikel ja recht ähnlich, aber es gibt eine Neuigkeit:
« FAZ » hat Folgendes geschrieben:
Die nordrhein-westfälische Landesmedienanstalt hat die Sache an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.
Das ist zumindest mir neu. Glückerweise ist die deutsche Justiz für ihre Schnelligkeit bekannt, so dass wir bald mit einem Ergebnis rechnen dürfen.
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Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Callpassive
Interessanter Artikel in der "FAZ". Da scheint jemand heftig hier gelesen zu haben .
Stimmt, der Herr Niggemeier ist bestens informiert und er weiss, wovon er spricht bzw. schreibt. Er hat eben gut recherchiert und wenn er Teile seiner Informationen von hier haben sollte...um so besser !
Das es auch anders geht und man zum Thema mitreden möchte, ohne sich mit der Materie auszukennen, beweisen das Pamphlet des Herrn 9Live - GF Bartoleit, der immer noch von Fairness, Transparenz und Chancengleichheit zu jedem Zeitpunkt des Spieles für alle Zuschauer schwafelt, sowie ein Staatsanwalt, der SHN quasi einen Freibrief für die Abzocke ausstellt, weil er ihnen die freie, für jeden Zuschauer mögliche Zugänglichkeit auf das „Library Information Portal“ abnimmt, mit dem diese ihre mehr als abstrusen Wortsuchen legitimieren...
Bin mal gespannt, ob man bezüglich der NRW - LMA - "Weiterleitung" ein wenig mehr Mühe in Investigation investiert !
Es gibt nur wenige beglückendere Momente, als einem schweigenden Dummkopf zu lauschen...
Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Achtung...ACHTUNG !!!
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