Verfasst am: Dienstag, 10.06.2008, 17:57 Titel:
Re: Pflichtveröffentlichungen von Call-In-Betreibern
Thema Beschreibung: Die wirtschaftliche Situation
Hallo,
@Pfandbrief: Du hast da ein interessantes Thema aufgegriffen.
Interessant auch das Zitat aus dem Endemol-Geschäftsbericht -
ich würde die Situation aber dennoch nicht so negativ sehen:
« Pfandbrief » hat Folgendes geschrieben:
Hier sehen wir auch gleich, dass dieses Eigenkapital, also praktisch
den buchmäßigen Nettowert der Callactive GmbH, von knapp über
1 Million Euro zum 31.12.2006 auf nur mehr 261.545 Euro zum
31.12.2007 gefallen ist. Obwohl man bei der Interpretation
insbesondere nicht durch einen Anhang gestützten Bilanzdaten
immer vorsichtig sein muß, erscheint eine solche Entwicklung
besorgniserregend. Die Schulden (inklusive Rückstellungen)
dieser Firma erreichen damit bereits etwa 90 % der Bilanzsumme.
Die Differenz beim Eigenkapital ist dadurch begründet, daß 2006
ein Gewinn ausgewiesen wurde, 2007 jedoch ein Verlust. Das wiederum
ist interessant, läßt sich aber mit vielen möglichen Gedankenspielen
erklären. Da gibt es einfach zu viele Gestaltungsmöglichkeiten...
Bei den Verbindlichkeiten stellt sich die Frage, ob es kurzfristige
oder langfristige sind.
Langfristige Verbindlichkeiten könnten z.B. Darlehen bei Kreditinstituten
sein, die man für die Finanzierung von Investitionen o.ä. aufgenommen hat.
Kurzfristige Verbindlichkeiten können einfach "Verbindlichkeiten aus Lieferungen
und Leistungen" bedeuten - und das wiederum könnten einfach die Zahlungen
an Fernsehsender sein, denen man ihren Anteil aus den Anrufspielen noch
überweisen muß (unter der Annahme, daß CA der Kunde der Telefongeschaften
ist und nicht der Fernsehsender selbst - letztere also ihren Anteil an den
Telefonentgelten von CA bekommen).
Hier wiederum wäre denkbar, daß CA erst dann an die Sender bezahlen
muß, wenn es selbst die Gelder von den Telefongesellschaften bekommen
hat. Falls dies der Fall sein sollte, wäre auch das Sinken des Kassenbestandes
nachvollziehbar, denn warum sollte man einen hohen Kassenbestand aufrechterhalten,
wenn die Sender eh erst nach Zahlungseingang bedienen muß...
Wir sehen zudem, daß *sowohl* die Forderungen, als auch die Verbindlichkeiten
zugenommen haben - das könnte wiederum bedeuten, daß das Anrufvolumen in 2007
entsprechend höher war als in 2006 und so mehr Einnahmen von den Telefongesellschaften
zu erwarten sind (Forderungen), aber dann natürlich auch höhere Zahlungen an die Sender
(Verbindlichkeiten).
Du siehst, eine Bilanz kann man durchaus unterschiedlich interpretieren.
Für konkretere Aussagen bräuchte man wohl eine genauere Bilanz bzw. eine
Gewinn- und Verlustrechnung...
Insgesamt gesehen (also auf die ganze Branche bezogen) würde ich aber durchaus
auch die Ansicht vertreten, daß die Zeit des "unbegrenzten" Wachstums im Call-In-Bereich
(erstmal?) zu Ende ist. Für wenige Große im Business (wie z.B. 9live) wird es aber
vermutlich durchaus Chancen geben, dieses Geschäftsmodell noch längere Zeit
erfolgreich nutzen zu können.
Speculatius CITV.NL Moderator Alter: 72 Geschlecht: Beiträge: 4845 Wohnort: Norddeutschland
Verfasst am: Donnerstag, 23.10.2008, 12:58 Titel:
Naja...trotz allem ein Gewinn von rund 22,5 Mio Euro. Nicht schlecht.
Interessant ist auch folgende Erläuterung:
« Jahresabschlussbericht 9Live » hat Folgendes geschrieben:
9Live hat die Transparenz und die Abläufe seiner Quizshows auch in 2007 für seine Zuschauer weiter optimiert. Insbesondere hat 9Live sich aktiv an der Ausgestaltung der in 2006 von der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten verabschiedeten "Anwendungs- und Auslegungsregeln der Landesmedienanstalten für die Aufsicht über Fernsehgewinnspiele (GewinnSpielRegeln)" beteiligt. Die GewinnSpielRegeln der Landesmedienanstalten haben die rechtliche Grundlage des Geschäftsmodells von 9Live weiter gefestigt. Im Anschluss an diese positive Entwicklung wurde die Position von 9Live aber vor allem im Rahmen der erfolgreichen Gespräche zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag gestärkt. Dieser wird im Sommer 2008 in Kraft treten. Damit wird dann zum ersten Mal in einem formellen Gesetz das Recht der privaten Rundfunkveranstalter anerkannt, Call-in Gewinnspiele nach der gängigen Praxis durchzuführen.
Und exakt das ist der Grund, warum CI raus muss aus der "lex specialis" Rundfunkstaatsvertrag und sich als reines Geschäftsmodell dem allgemeinen Recht unterwerfen müsste.
Call-in ist weder Information noch Unterhaltung. Weil, wie fast täglich hier im Forum nachzulesen, die "Denkleistung" eines Anrufer dem Zufall des Durchkommens weit untergeordnet ist, handelt es sich um Glücksspiel.
Das Wort "Würde" kennen manche Menschen nur noch als Konjunktiv II in dem Satz: "Für Geld würde ich alles machen."
Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Speculatius
Erlös aus interaktivem Fernsehen 85.5 Mio, Aufwand für Preise 17.6 Mio Euro.
--> Auszahlungsquote 20.6%
--> mind. 171 Mio Anrufe in 2007 (wahrsch. mehr, ein Teil der Anrufskosten geht ja wohl noch an ein Telekom-Unternehmen.)
--> im Schnitt 555 Anrufe pro Minute. Dass unter diesen Umständen immer wieder dieselben Tobiasse & Co durchkommen, kann nur bedeuten, dass diejenigen zehntausende Telefonkosten haben, oder aber die Anrufsauswahl erfolgt nicht nach dem Zufallsprinzip. Ist natürlich nur meine persönliche Meinung.
Edit: nur eine ganz simple Rechnung zum letzten Punkt: nehmen wir an, der Tobias mache ein Promille aller Anrufe von 9live aus, d.h. jeder tausendste Anruf käme von Tobias (wenn man in diesem Forum liest, scheint es häufiger zu sein). Dann hat dieser Tobias Telefonkosten von 85'000 Euro. Dem gegenüber stehen Gewinne von 17'425 Euro. Selbst wenn er bei den Ratespielen etwas geschickter sein sollte als der Durchnittsanrufer, macht er zehntausende Verlust pro Jahr. Aber eben, diese Rechnung gilt nur für den Fall, dass die Anrufer zufällig ins Studio gestellt werden. So gesehen kann man für die Dauer"gewinner" nur hoffen, dass diese Annahme nicht stimmt!
Die Zahlen sind besser als vermutet. Allerdings liegt 2007 ja auch schon etwas zurück.
Für 2008 gibt es eine saftige Gewinnwarnung, wie wir an der Börse sagen würden:
Für das Jahr 2008 muss 9Live das erwartete EBITDA aufgrund von zwei bis dahin nicht vorhersehbaren Faktoren korrigieren: Aufgrund einer Vorstandsentscheidung vor dem Hintergrund der Marktanteilsdiskussion von Sat.1 wurde die von 9Live täglich produzierte Sat.1-Quiznight Mitte Januar storniert. Darüber hinaus konnte die für Holland geplante Call-TV-Produktion aufgrund veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen nicht gestartet werden. Das Niveau des EBITDA für 2008 wird durch diese beiden Effekte etwa 39 Prozent unter dem Ergebnis von 2007 liegen.
Dass die Einstellung der Sat.1-Quiznight sowie der Ausfall von Holland ALLEIN für 39 % EBITDA-Rückgang verantwortlich sein können, glaubt wohl auch keiner...
Hinzuweisen ist auch hierauf:
Sonstige Haftungsverhältnisse
Die Gesellschaft haftet neben weiteren Gesellschaften gesamtschuldnerisch für einen der ProSiebenSat.1 Media AG sowie weiteren verbundenen Unternehmen von einem Bankenkonsortium gewährten syndizierten Kredit in Höhe von EUR 4,2 Mrd.
Es ist inzwischen mehr eine Frage der Zeit als alles andere, dass hier Kredite fälliggestellt werden, bzw. auslaufende Linien nicht verlängert. ProSiebenSat.1 als ganzes wird angesichts schwacher Ergebnisse und der aktuellen Finanzkrise langsam von seiner massiven Schuldenlast erdrückt werden. Gut zu wissen, dass die 9Live GmbH hier auch in die Pflicht genommen werden kann.
Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Pfandbrief
Dass die Einstellung der Sat.1-Quiznight sowie der Ausfall von Holland ALLEIN für 39 % EBITDA-Rückgang verantwortlich sein können, glaubt wohl auch keiner...
Das kann ich mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen, denn immerhin lief die Sat1 Quiznight nur 1 – 1½ Stunden pro Tag/Nacht (ca. 5-8% des gesamten Sendeumfangs).
Und das man bei 9live "auf Teufel komm raus" eine Call-Tv-Produktion im Ausland vorbereitet, ohne die rechtlichen Rahmenbedingungen abzuwägen. Wohl kaum, ein so schlechtes Risikomanagement hat der Sender bestimmt nicht. Man versucht damit wohl von den negativen Erlebnissen des laufenden Jahres abzulenken.
« Q1 2008 Quartalsergebnis der ProSiebenSat.1 Group » hat Folgendes geschrieben:
Das recurring EBITDA zeigte einen Rückgang um 5,1 Mio Euro auf 4,0 Mio Euro, zum einen aufgrund geringerer Call-TV-Erlöse von 9Live in Deutschland.
Insgesamt ist die Bilanz aber sehr aufschlussreich, vor allem wenn man das berücksichtigt, was dort nicht geschrieben steht.
Da wären zuerst einmal die veröffentlichten Erlöse aus dem interaktiven Fernsehen zu nennen. Im Vergleich zum Vorjahr (2006) verzeichnet der Sender beim Umsatz ein Plus von knapp einem Prozent und kommt nun auf 85,5 Mio. Euro.
Doch was dort nicht steht ist die Tatsache, dass 9live im Bilanzjahr (2007) durch die
internationale Expansion ca. 1400 (!) Stunden (über 20%) mehr Call-In-TV gesendet hat.
Diese Zahlen verdeutlichen schon eindrucksvoll, dass die Umsätze in Deutschland schon damals merklich zurückgegangen sind und nur durch eine starke Internationalisierung aufgefangen werden konnten.
Und auch die Zahlen zu den Werbeerlösen (Netto-Werbeerlöse) sind nicht uninteressant, denn die verzeichneten ein Minus von 10% (6,2 Mio. € zu 5,4 Mio. €). Besonders interessant ist dies in Anbetracht der Tatsache, dass bei 9live die Brutto-Werbeerlöse in diesem Zeitraum von 20,58 Mio. € (2006) auf 24,04 Mio. € gestiegen sind. Das lässt darauf schließen, dass man im Jahr 2007 erhöhte Rabatte, Boni, Freispots oder Ähnliches einsetzen musste, um die Werbung "an den Mann" zu bringen. Bei dem Image von 9live ist dies allerdings auch keine Überraschung.
Aber mal sehen wie die Umsätze in diesem Jahr so aussehen werden.
Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: istwohlso
Ich dachte mir, ich hole mir mal die neueste Bilanz der Pro7Sat.1 AG und schau da mal rein, was sie so hergibt. Es handelt sich ums erste Quartal 2008 und das dritte Quartal 2008.
Das Vermögen beruft sich auf ca. 6 Mrd Euro, wobei der Sprung vom Vorjahr um 4 Mrd natürlich mit dem Erwerb von SBS zusammenhängt.
Dann wirds interessant: Auf der Kapitalseite haben wir eine Eigenkapitalquote von 17% (1. Quartal) bzw. 14% (3. Quartal), was meines Erachtens sehr ungesund ist. Natürlich ist auch hier der Grund die Übernahme der Schulden von SBS, die mit 3.6 Mrd zu Buche schlagen. Das Eigenkapital war zum dritten Quartal um erneut 140 Mio Euro gesunken.
Also: Vermögen 6 Mrd, Fremdkapital 5 Mrd. Wir nähern uns mit großen Schritten der Überschuldung=Insolvenz.
Aus der Gewinn- und Verlustrechung kann man entnehmen, dass das Betriebsergebnis (60 Mio Euro) vom Finanzergebnis (-75 Mio Euro) mehr als aufgezehrt wird. Das heißt, momentan kann man mit den Einnahmen noch nicht mal die Zinsen aus den Krediten zahlen. Und das schlimmste, 4. Quartal steht noch aus!
Fazit: Ich möchte auf keinen Fall in deren Haut stecken!
Wenn was nicht stimmt, bitte Bescheid sagen; ich bin kein Experte.
"Die Medienlandschaft ist schnelllebig. Einfluss auf ihre Gestaltung haben auch die Entscheidungen der BLM."
"'Die Geschichte ist eine Geschichte der Sieger'
sagt das Mammut zum Säbelzahntiger" (Rainald Grebe)
Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Twipsy
E.R.PEL CITV.NL Moderator Alter: 42 Geschlecht: Beiträge: 7272
Verfasst am: Freitag, 13.02.2009, 17:15 Titel:
Falls sich der ein oder andere von der Informationsflut erschlagen oder abgeschreckt fühlt überhaupt dort (Verweise in @ Twipsys Beitrag) zu lesen – Hier im groben das...worauf's ankommt:
...selbst einem Laien sollte nun anhand solcher Zahlen die Lage einigermaßen klar sein...
Entgültig sind sie noch nicht...da wie schon gesagt das 4. Quartal noch aussteht... Es wird also wohl noch schlimmer kommen...bevor's besser wird...
Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: E.R.PEL
Danke Erpel, aber das, worauf es ankommt, ist nicht der Verlauf des Eigen- sondern des Fremdkapitals, sprich: Verbindlichkeiten.
2. Quartal 2007: 750 Mio €
3. Quartal 2008: 5.3 Mrd €!!!
Sowie die Gewinn- und Verlustrechnung mit den erwähnten 14 Mio Miesen.
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Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Twipsy
So werden etwa für bestimmte Verbindlichkeiten der von Permira und KKR gekauften Sendergruppe Pro Sieben Sat1 Branchenkreisen zufolge nur noch rund zehn Prozent des Nominalwerts verlangt.
D.h. man zahlt für 1.000 Euro Schulden von ProSiebenSat1 nur mehr 100 Euro. Zum Vergleich: Inhaberschuldverschreibungen der Hypo Real Estate kosten auch jetzt noch so 70-80%. Die implizite Pleitewahrscheinlichkeit ist sogar noch höher als 90 %, weil im Falle einer Pleite für Gläubiger nicht der Gesamtbetrag verloren ist.
Das Ende für den Laden ist nahe.
Am 4. März soll das vorläufige Jahresergebnis 2008 kommen.
Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Pfandbrief
Das ist ja echt ein Hammer Hast Du da einen Link für?
Und die Heuschrecken ziehen weiter.... Nur gut, dass es damit auch 9Live erwischen wird.
Die Aktie ist ja schon lange auf Talfahrt, mittlerweile bei 1.69 €. Sie können es ja mit einer Kapitalerhöhung versuchen
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Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Twipsy
Die Sendergruppe verschwindet nicht wirklich von der Bildfläche, keine Angst.
Es werden sich lediglich die Eigentumsverhältnisse ändern.
Das Programm bleibt das gleiche.
Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: redled
Sicher, aber Filetieren dürfte das Prinzip der Stunde sein. Dass sich alle gegenseitig Werbekunden wegnehmen ist doch wenig rentabel. Und für 9Live seh ich auch schwarz, denn der neue Inhaber sollte einen moralischen Neuanfang versuchen.
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Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Twipsy
Das Programm wird nicht verschwinden, obwohl Sparmaßnahmen, die bis zur Einstellung besonders unprofitabler Sender reichen dürften, sicher mit den neuen Eigentümern (also wohl erstmal der kreditgebenden Banken) kommen werden. 9Live wird wohl nur am Rande betroffen sein. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass 9Live noch verkaufbar ist, allerdings weniger wegen den Aktivitäten in Deutschland als wegen der Stellung die man sich international aufgebaut hat.
P.S.: Vielleicht sollten ja wir ein unverbindliches Angebot abgeben?? Grüne Gnome übernehmen 9Live...
Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Pfandbrief
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