Alter: 54 Geschlecht: Beiträge: 73 Wohnort: Zwischen Rhein und Mosel
Verfasst am: Mittwoch, 21.06.2006, 12:57 Titel:
LG München, Urteil vom 21.12.2004, Az. 33 O 15954/04
Einordnung der Gewinnspiele als Auslobung mit der Folge, daß ein rechtsverbindlicher Anspruch auf Auszahlung der versprochenen Gewinne besteht;
Möglichkeit des Ausschlusses einzelner Personen.
http://www.gluecksspiel-und-recht.de/urteile/Landgericht-Muenchen-20041221.html
Bestätigt durch OLG München, Urteil vom 28.07.2005, Az. U (K) 1834/05, sh. oben.
Verschoben am: Montag, 23.10.2006, 06:23 Uhr von Mork vom Ork Verschoben von Userdiskussionen und Meinungen nach Gerichtsurteile
GlowingHeart Grüner geht nicht
Beiträge: 7103
Verfasst am: Donnerstag, 21.12.2006, 12:28 Titel:
Ein schon etwas älteres Urteil, über das ich heute im Net gestolpert bin
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Kölner Stadtanzeiger vom 26.09.2005
» hat Folgendes geschrieben:
Teures Besetzt-Zeichen bei RTL 2
Netcologne zog Klage vor dem Landgericht zurück!
1187,24 Euro sollte ein Kölner an Telefongebühren zahlen. Angeblich hatte er 2423 Gespräche mit einer Hotline geführt.
VON DETLEF SCHMALENBERG
Als Herbert Stief seine Telefonrechnung für den Dezember 2002 öffnete, musste er sich erst mal hinsetzen. Ungläubig sortierte der 46-Jährige die Einzelverbindungsnachweise. 46 Seiten, eng bedruckt. Immer wieder die gleiche elfstellige Nummer, exakt 2423-mal, beginnend mit 01378. Vergleichbar mit einer kostenpflichtigen 0190er-Nummer, wie sich später herausstellte. 1187,24 Euro sollte er dafür an NetCologne zahlen.
Stief hatte bei einem TV-Gewinnspiel von RTL 2 mitgemacht. Höchstens etwa 25-mal habe er angerufen, schrieb er der Telefongesellschaft. Meist sei besetzt gewesen. Wenn eine Verbindung zustande kam, sei er nach einigen persönlichen Daten gefragt worden. Etwa eine Minute hätten die wenigen Gespräche gedauert. Die Liste mit den mehr als 2000 Einzelverbindungsnachweisen, nach der die meisten ?Gesprächeâ?? nur zwei Sekunden gedauert haben sollen, müsse in ?betrugsähnlicher Weiseâ?? manipuliert worden sein. Die Rechnung wolle er deshalb nicht zahlen.
Netcologne jedoch interessierte das nicht. Man sei nicht für die TV-Sendung, sondern ausschließlich für die zustande gekommenen Telefonate verantwortlich, argumentierte das Unternehmen vor dem Amtsgericht. Eine Manipulation der Leitung durch Dritte sei nicht möglich. Das Abrechnungssystem stünde ?durch eine Dauerprüfung unter ständiger technischer Kontrolleâ??. Überdies sei den TV-Zuschauern durch Einblendungen klar gemacht worden, dass alle Anrufe, auch die mit dem Besetzt-Zeichen, bezahlt werden müssten. Der Preis von 49 Cent sei nicht willkürlich, sondern von der Regulierungsbehörde für so genannte Televoting-Nummern festgelegt worden.
Im Juli 2004 schloss sich das Amtsgericht dieser Meinung an. Zunächst. Der Einwand, das Gewinnspiel sei sittenwidrig, weil den Anrufern in betrügerischer Absicht suggeriert werde, für einen ?Besetzt-Anrufâ?? müsse eben nicht gezahlt werden, spiele keine Rolle. Netcologne sei nur für die ?Telekommunikations-Dienstleistungenâ?? verantwortlich. Und die Anrufe, dies sei durch die ?technische Dauerprüfungâ?? bewiesen, seien doch zustande gekommen.
Herbert Stief ging in Berufung. Sein Anwalt Heinz-Jürgen Pfeifer rechnete vor, dass sein Mandant laut Einzelverbindungsnachweis am 2. Dezember 2002 sechs Tele-Vote-Anrufe in 51 Sekunden geführt haben soll. ?Völlig unmöglichâ??, schrieb der Advokat. Zur Beweisaufnahme am Landgericht jedoch kam es erst gar nicht, weil ihm noch eine andere Ungereimtheit aufgefallen war. Eine Vergütung von 49 Cent sei nicht pro Anruf, wie im TV behauptet, sondern nach jeder ?Verbindungâ?? zu zahlen, heißt es in den Geschäftsbedingungen von Netcologne. Von einer Verbindung jedoch könne keine Rede sein, wenn lediglich ein Besetztzeichen zu vernehmen sei. Sein Mandant habe sogar häufig überhaupt nichts gehört. Dennoch waren in dessen Telefonliste alle neun bis elf Sekunden angebliche Gespräche von ein bis drei Sekunden verzeichnet.
In der mündlichen Verhandlung vor der 10. Zivilkammer des Landgerichts gaben die Richter zu verstehen, dass auch sie einen deutlichen Unterschied zwischen ?Verbindungâ?? und ?Anrufâ?? sehen. ?Als der Vorsitzende dann auch noch sagte, er werde das anstehende Urteil in der Fachpresse veröffentlichen, zog der Anwalt von Netcologne die Klage zurückâ??, berichtet Pfeifer. Stief muss die Gebühren zwar nicht mehr zahlen. Jetzt flatterte ihm aber ein neues Schreiben von Netcologne ins Haus. Er solle die Anwaltskosten für die Gerichtsverhandlung überweisen, 651,25 Euro. Die jedoch muss Netcologne nach der richterlichen Entscheidung selbst zahlen.
Die Rechnung sei ein ?peinliches Versehenâ??, räumte Patrick Helmes, Justiziar der Telefongesellschaft, ein. Das bereits abgebuchte Geld werde an Herbert Stief zurückgezahlt. Die Preisliste habe Netcologne jedoch geändert. Jetzt heißt es 49 Cent ?pro Anrufâ??, und nicht mehr ?pro Verbindungâ??. ?Auch wenn Besetzzeichen zu hören sind, muss dann gezahlt werdenâ??, meint Helmes. Dies sei bedauerlich, ?die Praxis der Televoting-Spiele ist ausgesprochen schäbigâ??. Die Telefongesellschaften hätten darauf jedoch keinen Einfluss.
Das positive Urteil hatte eine negative Änderung zufolge nämlich von ?pro Verbindungâ?? zu ?pro Anrufâ??, also eine eigenmächtige, willkürliche Veränderung der Geschäftsbedingungen, womit man sich die Abzocke also selbst legalisierte und eine Wiederholung dieses Urteils somit ausschließt.
Und das soll rechtens sein?
Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: GlowingHeart
Ich habe hier noch zwei Urteile gefunden, die ich sehr spannend finde und die hier scheinbar noch nicht gepostet wurden. Sorry, falls doppelt.
In diesen Urteilen wurde durch die Gerichte sowohl der Glücksspielaspekt durch Mehrwertdienste (Telefongewinnspiel) bejaht
„Werden Zufalls- und Geschicklichkeitselemente in einem gemeinsamen Spiel miteinander vermischt, reicht dies für die Bejahung des Zufalls für das gesamte Spiel aus.“ (Quelle)
und es wurde auch die Bagatellgrenze aufgehoben.
„Ein Spiel mit einer 0190-Rufnummer und einem Entgelt von 1,83 EUR / Anruf ist als Glücksspiel anzusehen. Zwar überschreitet ein einzelner Anruf noch nicht die für ein Glücksspiel erforderliche Bagatellgrenze. Jedoch ist bei dieser Art von Spielen, die bewusst auf das mehrfache Mitmachen eines Teilnehmers ausgerichtet sind, auf die Gesamtheit der anfallenden Kosten abzustellen, die dann die Erheblichkeitsschwelle überschreitet.“ (Quelle)
Hier noch ein Kommentar von Rechtsanwalt Bahr zu den Urteil des OLG:
„Nach dieser kritikbedürtigen Meinung würde demnach nicht nur "9 Live", sondern auch RTL, SAT.1, NTV und Kabel 1, die solche Telefon-Gewinnspiele mittels Televoting-Nummer seit kurzem betreiben, ein strafbares Glücksspiel iSd. § 284 StGB anbieten. Und jeder Anrufer würde sich wegen Beteiligung an einem unerlaubten Glücksspiel strafbar machen (§ 285 StGB).“ (Quelle)
Ich glaube ja, dass die einzige Chance einer endgültigen rechtlichen Klärung der Weg einer Sammelklage wäre. Bevor hier ein juristisch versierter Mitposter schreibt, dass es in Deutschland keine Sammelklage gibt, ist mir bekannt. Es gibt aber die Möglichkeit der Vertretung mehrerer Kläger durch eine Verbraucherschutzorganisation (Bund der Versicherten gegen Lebensversicherungen).
So etwas stelle ich mir auch vor. Call-In- Geschädigte mit horrenden Telefonrechnungen vertreten durch z.B. den Verbraucherschutzbund.
Material, dass ein Zusammenhang zwischen Mehrfachanruf und Gewinnsumme gemacht wird und explizit zum Mehrfachanruf aufgefordert wird, gibt es ja genug. Von dem künstlich erzeugten Zeitdruck und anderen Anrufanimation ganz zu schweigen.
Gruß K. Ramseier
mundus vult decipi
Nein, Karl Ramseier ist nicht tot. Doch wenn ich weiter Call-In sehen muss, wäre dies sogar eine erstrebenswerte Alternative.
Dieser Beitrag wurde verfasst vom Benutzer: Karl Ramseier
Auf der einen Seite interessante Aspekte auf der anderen Seite:
also über Juristereien gibt es auch Foren und die können auch so einige Aspekte über die liebe Juristenwelt aussagen. Wenn heute ein Richter urteilen würde, Gewinnspiele sind schei..e, so könnte morgen ein Richter genau ein anderes Urteil sprechen.
Juritik hat heute meiner Meinung nach kaum etwas mit gerechtigkeit zu tun und würde man von einem Richter verlangen er solle ein gerechtes Urteil in Sachen Gewinnspiele sprechen, so könnte der Ausgang auch so sein als wenn man einem 3 jährigen Kind eine Handgranate in die Hand gibt mit den Worten "na dann Spiel mal schön".
Der Mörder der meine Familie auslöschte wurde zu 15 jahren + verurteilt. Gerechtigkeit?
Ich stand damals regelrecht vor versigelter Tür, hatte nur das was ich mal Körper hatte. Der Täter tolle JVA Unterkunft, nach dem Urteil machte er sein Doktor, hat in der JVA einen "krisensichern" Job; er denkt alsbald an Entlassen, bekommt dann sicher noch dies und das usw usw.
Urteile ?
Selbst wenn man heute ein Urteil hätte das gewisse Gewinnspiele absolut verboten wären, so würden die Macher der Sendungen sich was ganz neues "am Gesetz vorbei" einfallen lassen. Das ist unser gesetz ...nebst den dollsten Lücken die es so hat.
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